Optische Systeme

Ich möchte an dieser Stelle nicht detailliert auf die einzelnen optischen Systeme eingehen, sondern nur bestimmte Aspekte hervorheben, und begründen warum meines Erachtens das Newton-Teleskop das absolut beste System darstellt.

Refraktor

Das "Linsenfernrohr" hat bei Feldstechern und im Sucherbereich seine Berechtigung. Bei 3 Zoll (80 mm Öffnung) ist es das in jeder Beziehung überlegene System, ab spätestens 5 Zoll besteht kaum mehr ein rationales Kosten/Nutzen-Verhältnis. Für bezahlbare, 2-linsige Systeme wie z.B. den Fraunhofer, gilt grundsätzlich, daß

  • mit zunehmender Öffnung
  • mit zunehmender Kurzbrennweitigkeit

der Farbfehler jeweils expotentiell steigt. Deshalb ist ein einfaches Fraunhofer-System mit niedriger Vergrößerung zu benutzen oder langbrennweitig auszulegen, als 3,1" f/12, 4" f/15, 6" f/20 etc., ansonsten werden bei hoher Vergrößerung ausgeprägte Farbfehler sichtbar. Während 4" f/15 funktioniert, bildet ein 8" f/15 extrem farbig ab.

Mit teuren Synthetik-Gläsern und 3-linsigem Aufbau ist heute ein relativ kurzbrennweitiges Öffnungsverhältnis auch bei 4" bis 8" Öffnung möglich, wobei im Vergleich zum langbrennweitigen Layout mit althergebrachten Gläsern keine wesentliche Verbesserung der Abbildungsqualität entsteht, sondern sehr viel für eine deutlich kürzere Baulänge bezahlt wird. Die Kurzbrennweitigkeit läßt natürlich sehr große Gesichtsfelder zu, wobei sich die Frage stellt, ob bei diesen kleinen Vergrößerungen nicht viel billigere Halbapochromate den gleichen Zweck erfüllen.

Bis maximal 6 Zoll Öffnung ist der Refraktor das ideale System, wenn die damit verbundenen Kosten absolut keine Rolle spielen.

Schmidt-Cassigrain (SC)

Das SC ist in vieler Hinsicht ein Kompromiß mit Vor- und Nachteilen. Die SC Optik ist sehr kompakt, kein anderes System bietet eine derart kurze Baulänge pro Öffnung. Eine Öffnung von 8 Zoll (20 cm) läßt sich einfach und komfortabel handhaben, sehr preiswert parallaktisch montieren, und bietet im Vergleich zu 4 Zoll (10 cm) doppeltes Auflösungsvermögen und 4-fache Lichtstärke. (Oder, wie wir vorhin gesehen haben, 4-fache Licht-Sammelfläche und vielleicht nur die doppelte Lichtleistung).

Mit rund 40% Obstruktion (bezogen auf den Durchmesser!) kann jedoch keine Optik eine brauchbare Kontrastschärfe für die visuelle Beobachtung liefern. Genauer, ein egal wie perfektes SC mit 8” Öffnung und 40% Obstruktion kann maximal die Kontrastleistung eines 4,8” Refraktors liefern. Hinzu kommt die Fehlertoleranz eines Systems. Das SC hat insgesamt min. 5 optische Flächen, Schmidtplatte vorn und hinten, Hauptspiegel, Fangspiegel, Zenitspiegel. Um die Auflösung eines Newton zu erreichen, müßte das SC ungefähr doppelt so gute Oberflächen haben.


Die oft zitierte Aussage, ein SC sei wegen seiner langen Brennweite besonders für Planeten geeignet, ist blanker Unsinn. In der Praxis erreicht ein Durchschnitts-SC am Planeten nicht mal die Leistung eines halb so großen Durchschnitts-Refraktors. Auch die Gabelmontierung ist ein Kompromiß zugunsten angenehmer Bedienung, der visuell noch akzeptabel ist, fotografisch jedoch nicht das, was man sich an Stabilität wünscht.

Für das Schmidt-Cassegrain sprechen Kompaktheit, Transportabilität und angenehme Bedienung, ebeno der durch Massenproduktion ermöglichte, sehr günstige Preis. Wer absolute Stabilität oder eine perfekte Optik sucht, hat sicherlich andere Alternativen.  Ein weiterer Vorteil des SC erweist sich als Pferdefuß. Das Fokussieren erfolgt durch Verschieben des Hauptspiegels, was ein feststehendes Okular und eine extrem variable Plazierung des Brennpunktes ergibt. Damit ist das SC flexibler als jedes andere System, und kommt mit praktisch jedem Zubehör zurecht.

Der Nachteil liegt in dieser mechanischen Bewegung innerhalb der justierten Optik. Der Hauptspiegel selbst sitzt auf der Verschiebemechanik und ist unjustierbar. Der Kunde kann zwar den Fangspiegel justieren. Falls der Hauptspiegel am Fangspiegel vorbeizielt, ist diese Justierung jedoch mehr oder weniger sinnlos. Das SC ist also überwiegend kraft Produktionstoleranz justiert, und kann vom Kunden nicht nachjustiert werden.

Bei präziser Einzelfertigung mit entsprechender Qualitätskontrolle ist dies kein Problem, ansonsten besteht die Gefahr einer sehr breiten qualitativen Streuung, für den Kunden ist es dann vom Glück oder Pech abhängig, inwieweit sein Gerät scharfzustellen ist.

Maksutov

Für das Maksutov gilt prinzipiell das gleiche wie für`s Schmidt-Cassegrain.

Cassegrain & Ritchey-Chretien

Der überwiegende Einsatz des Cassegrain, genau genommen des zum Cassegrain zählenden, optisch abgewandelten Ritchey-Chretien bei professionellen Großteleskopen verleitet zu der Annahme, dies seien die bestmöglichen Optiken. Wie bei allen Optiken handelt es sich beim Cassegrain um einen Kompromiß. Der Hauptvorteil im Vergleich zum Newton liegt in der deutlich kürzeren Baulänge, was bei Großteleskopen zum entscheidenden Faktor wird. Daneben bietet das Cassegrain den Einblick von unten, was ab einem gewissen Durchmesser auch einiges für sich hat. Mit Ausnahme dieser Faktoren bieten die Cassegrain gegenüber dem Newton kaum einen Vorteil, sondern sind im Gegenteil hinsichtlich Bauaufwand, Justierung und Kosten deutlich unterlegen. Die für ein Cassegrain angestrebten Konstruktionsziele, kurze Baulänge, kleine Obstruktion, flache Brennebene und zugänglicher Brennpunkt, sind gegenläufig, d.h. nicht alle auf einmal zu verwirklichen. Aus diesem Grund gibt es fotografisch optimierte Ritchey-Chretien und visuell optimierte “klassische” Cassegrain.

Bei anderen Cassegrain-Derivaten wie z.B. Dall-Kirkham oder Pressmann-Camichel wird eigentlich nur ein geringerer Bauaufwand bei deutlichen optischen Abstrichen bezweckt.

Richey-Chretien

Das Richey-Chretien-System besteht aus einem hyperboloiden Hauptspiegel und einem hyperboloiden Fangspiegel. Durch diese Spiegelformen hat es kein Koma, d.h. es produziert immer runde Sternbilder, die mit zunehmendem Abstand von der optischen Achse zwar durch Astigmatismus deutlich größer werden, aber auch in sehr großem Abstand von der optischen Achse immer noch kreisrund bleiben. Aus genau diesem Grund wird es bei dem meisten Großteleskopen eingesetzt. Für den fotografischen Einsatz ist das Ritchey-Chretien sehr gut geeignet. Mit der typischen f/3 x3 = f/9 Konfiguration (Hauptspiegel f/3, Fangspiegel x3, Gesamtsystem f/9) bietet es, auf Kosten einer für Fotografie unbeachtlichen 35-40% Obstruktion, ein relativ großes Gesichtsfeld und eine relativ wenig gekrümmte Brennebene.

Cassegrain

Das Cassegrain System besteht aus paraboloidem Hauptspiegel und hyperboloidem Fangspiegel. Es produziert Koma, das in etwa einem Newton mit gleichem Öffnungsverhältnis entspricht, hat im Vergleich zum Newton jedoch ein stärker gekrümmtes Bildfeld. Durch die typische f/4 x4 = f/16 Konfiguration bietet es eine für die kompakte Bauweise relativ kleine Obstruktion von knapp 30%, die zwar bei weitem nicht die Kontrastschärfe eines visuell optimierten Newton mit 15-20% Obstruktion zuläßt, aber immerhin im Grenzbereich zu brauchbarer Kontrastschärfe liegt und diesbezüglich weitaus besser zur visuellen Beobachtung kontrastschwacher Objekte geeignet ist als das Ritchey-Chretien oder Schmidt-Cassegrain. Die im Vergleich zum Ritchey-Chretien stärker gekrümmte Brennebene ist für die visuelle Beobachtung belanglos.

Im Vergleich zum handelsüblichen Schmidt-Cassegrain sind Ritchey und klassisches Cassegrain deutlich überlegen. Die Krümmung der Brennebene verstärkt sich mit zunehmendem Vergrößerungsfaktor des Fangspiegels (bei gleichem Öffnungsverhältnis). Im Vergleich zum Schmidt-Cassegrain (f/2 x5 = f/10) weist das Cassegrain (f/4 x4= f/16) ein deutlich ebeneres und das Ritchey- Chretien (f/3 x3 = f/9) ein wesentlich ebeneres Bildfeld auf. Beim Schmidt-Cassegrain müßten 4 optisch wirksame Oberflächen perfekt gearbeitet sein, ebenso perfekt justiert. Daneben bietet das SC zwar den Vorteil einer nahezu beliebigen Plazierung des Brennpunktes hinter dem feststehenden Okular-Anschluß, das Verschieben des Hauptspiegels wiederspricht aber dem Faktum, daß auch eine Schmidt-Cassegrain Optik nur einen optimalen Abstand zwischen Haupt- u. Fangspiegel hat. Neben der Oberflächenqualität bieten die Cassegrain und Ritchey-Chretien Systeme den Vorteil, daß nur 2 optische Flächen vorhanden sind. Durch „feste“ Montage von Haupt- und Fangspiegel wird immer der optimale Abstand zwischen beiden Spiegeln benutzt, ebenso können die Systeme voll justierbar gebaut werden.

Newton

Isaak Newton, dessen Physik auch heute noch weitgehend gilt, verdanken wir ein optisches Prinzip, das meines Erachtens bis hin zur Schwindelfreiheit des Beobachters auch heute noch das absolut Beste darstellt. Der Hauptvorteil des Newton Teleskopes besteht in seiner Primitivität, die man auch als genial einfach bezeichnen könnte.

Das Newton hat eine einzige optisch wirksame Komponente, den paraboloiden Hauptspiegel. In der Praxis bedeutet dies, daß weniger optische Flächen perfekt sein müssen, was ohnehin schwer genug ist. Der im Newton integrierte Fangspiegel stellt hinsichtlich der Oberflächengenauigkeit keine zusätzliche Belastung dar, da er bei Refraktoren und Schmidt-Cassegrain in Form des Zenitspiegels zusätzlich eingesetzt wird. Ein Newton läßt sich auch in der Praxis bezahlbar, groß und annähernd perfekt gestalten.

Sehr große Gesichtsfelder lassen sich mit dem Newton einfach erzielen. F/6 zählt bereits zu langbrennweitig, mit selbst fotografisch akzeptablem Koma. Ab 8” f/6 kann visuell die Obstruktion unter 20% gehalten werden, und damit wird die Kontrastleistung eines guten Refraktors gleicher Öffnung möglich, ebenso wird die visuelle Kontrastschärfe eines theoretisch idealen 6,5” Refraktors erreicht.

Ein weiterer Vorteil des Newton ist das astronomisch richtig orientierte, kopfstehende Bild. Sternkarten dreht man einfach, bis sie passen. Andere Systeme mit Zenithspiegel haben ein seitenverkehrtes Bild, man wünscht sich hier spiegelverkehrte Spezialkarten. Leider bringt ein Newton nicht zwingend perfekte Bildqualität, das genial einfache Newton Prinzip wird sehr oft mißbraucht, um selbst mit billigstmöglichem Schrott das Sortiment im absoluten Billigbereich mit sehr fragwürdigen Newtons abrunden.