Funktionen der Optik
Die Teleskop-Optik hat grundsätzlich 2 Funktionen, Vergrößern und Licht sammeln. Beide sind direkt von der Öffnung abhängig, d.h. ohne ausreichende Öffnung lassen sich bestimmte Dinge nicht erreichen. Jedoch ist eine gute Qualität die Grundvoraussetzung, denn ohne entsprechende Qualität kann extrem viel verloren gehen.
Optik-Berechnungen
Öffnungsverhältnis f/ = f : D | Vergrößerung V = f : f0 | Austrittspupille AP = D : V | Austrittspupille AP = f0 : f/ |
mit: D Durchmesser / freie Öffnung |
Lichtleistung
Abgesehen von Sonne und Mond hat das Teleskop hauptsächlich die Funktion des Lichtsammelns. Die Lichtsammelleistung eines Teleskops bestimmt sich primär aus der Öffnung, d.h. dem freien Druchmesser oder besser der Fläche, auf der das Licht eingesammelt wird. Doppelter Durchmesser = vierfache Fläche = vierfache Lichtmenge. Auch hier kann einiges verloren gehen. Je nach Bauart, Anzahl der Komponenten, Qualität der Oberflächen, Qualität der Vergütungen oder Verspiegelungen, und ggf. unter Abzug von Abschattungen durch Fangspiegel und Blenden ergeben sich Transmissions- bzw. Reflektionsverluste, die im Idealfall nur 5% für das Gesamtsystem ausmachen. Die Netto-Lichtleistung kann bei einigen ziemlich groß aussehenden Geräten schon ziemlich klein ausfallen. Rekordhalter dürften die 8" f/6.3 Schmidt-Cassegrain sein, die bei einem Vergleichstest in Sky&Telescope (12/1989) nur 53% Lichtdurchlaß brachten. Selbst bei der Licht-Sammel-Leistung ist der Durchmesser zwar Grundvoraussetzung, aber eben nicht alles. Selbst nach Abzug der Transmissionsverluste steht noch nicht fest, welche Objekthelligkeit bzw. Grenzgröße ein Teleskop bringt. Große Obstruktionen kosten zusätzlich auch Grenzgröße, weil das Licht eines ausreichend hellen, gerade noch wahrnehmbaren Punktes überwiegend in die Fläche der Beugungsscheibe gedrückt wird, und dort unter die Wahrnehmungsgrenze sinkt. Systeme mit schlechter Kontrastschärfe verlieren auch erheblich an Lichtleistung, weil Licht vom Objekt in den Himmelshintergrund fließt. Das Streulicht kommt de facto einer erhöhten Lichtverschmutzung des Himmels gleich.
Vergrößerung/Auflösungsvermögen
Die Vergrößerung macht Details eines entfernten Objekts sichtbar, daneben hat sie auch im Deep Sky-Bereich eine wichtige Funktion, siehe Deep Sky mit Minimalvergrößerung. Die sinnvolle Maximal-Vergrößerung, eine zur Wahrnehmung zusätzlicher Details nutzbare Vergrößerung, wird begrenzt durch die Austrittspupille (AP), d.h. die Öffnung. Z.B. ist die sinnvolle Maximalvergrößerung am Planeten 0,7mm AP, falls das Teleskop perfekt und das Seeing sehr gut ist. Mit 70mm Öffnung ist das 100fach, mit 8" fast 300fach. Das Auflösungsvermögen ist theoretisch durch die vorhandene Öffnunf begrenzt, und praktisch durch das Seeing und die Qualität der Optik. Das theoretische Limit liegt im visuellen bei 114 Bogensekunden/Öffnung in mm, z.B. 1,14" bei 100mm Öffnung und 0,228" bei 500mm. Dies gilt für das Trennen von Doppelsternen, wenn beide Komponenten weiß und 6,0m sind, und wenn das Seeing perfekt ist, sonst geht weniger. Egal wie gut die Optik ist, mit einem bestimmten Durchmesser lassen sich nur Details wahrnehmen, die größer als das öffnungsbedingte Limit sind. Voraussetzung für das Erreichen dieses theoretischen Limits mit einem bestimmten Teleskop ist eine gute optische Qualität. Nichtsdestotrotz findet man in vielen Prospekten bei den technischen Daten das "Auflösungsvermögen" für bestimmte Teleskope, ohne Hinweis darauf, daß hier ein theoretisches Limit beworben wird. Dies betrifft auch Geräte, bei denen kaum die Chance besteht, auch nur in die Nähe des theoretischen Limits zu kommen. Dieses Beispiel macht deutlich, daß gerade der angehende Astronom nicht die technischen Daten irgendwelcher Teleskope vergleichen sollte, sondern erfahrene Astronomen befragen sollte, z.B. auf Teleskoptreffen und in den Volkssternwarten.
Kontrast
Das alles entscheidende Qualitätskriterium für ein visuell genutztes Teleskop findet sich in fast keinem Prospekt. Kontrastschärfe, oder anders ausgedrückt, möglichst geringe Verluste in der Kontrastübertragung. Eine hell erleuchtete, schwarz / weiße Testtafel kann auch ein Teleskop mit geringer Kontrastschärfe bei entsprechend niedriger Vergrößerung zufriedenstellend abbilden. Ein 100% Kontrast von 100% weiß auf 0% schwarz der Testtafel wird nach einem 40% Verlust im Teleskop zum 60% Kontrast zwischen 80% hellgrau und 20% dunkelgrau verwischt - was hier noch leicht reicht, um beide Bildkomponenten klar wahrzunehmen. Feine Details auf einem Planeten, z.B. mit einem 20% Kontrast zwischen 60% mittelgrau auf 40% hellgrau, wären in o.g. Teleskop unsichtbar, während es durchaus Teleskope gibt, die diese Details sehr schön darstellen. Eine vertrackte Eigenschaft mangelnder Kontrastschärfe ist es, daß sie nur in Ausnahmefällen die Wahrnehmung des Objektes als solches verhindert, sondern meist nur die wahrnehmbaren Details im Objekt drastisch reduziert. Wer das Objekt nicht anders kennt oder keinen direkten Vergleich hat, hält es vielleicht für normal, daß es 8-Zöller gibt, in denen Jupiter auch bei gutem Seeing nur ein paar flaue Bänder zeigt.
DeepSky ohne Kontrast?
Hier möchte ich auch auf den weit verbreiteten Irrglauben eingehen, daß Kontrastschärfe nur für Planeten benötigt wird, während für Deep Sky Objekte auch relativ billige "Lichteimer" ausreichend sind. Nehmen wir zum Beispiel ein billiges 10-Zoll Newton mit großem Fangspiegel und 1/4 PV Oberfläche, oder ein Schmidt-Cassegrain. Das 2,5 mal so große Teleskop erreicht zur Not das Auflösungsvermögen eines perfekten 4-Zoll-Refraktors, aber nicht einmal die Kontrastschärfe des 4-Zöllers. Beim Vergleich dieser Geräte stellt nun der Beobachter fest, daß er mit dem kleinen Refraktor am Planeten mehr sieht als mit den großen Lichtsammlern. Das Gleiche gilt prinzipiell für vieles, was im Refraktor gesehen werden kann. Nur bei Deep Sky Objekten zeigen sich die großen Lichteimer mit ihrer über 4fach größeren Lichtsammelfläche überlegen. Während man im Refraktor de facto nichts sieht, zeigen sie ein diffuses Etwas. Ich nehme an, daß dieser Tatsache der Irrglaube entspringt, für Deep Sky Beobachtung seien Lichtkanonen ohne ausreichende Oberflächenqualität ausreichend. Wenn man mit einem perfekten Newton, das durchaus etwas kleiner sein darf, das gleiche Deep Sky Objekt beobachtet, wird man oft feststellen, daß es genauso hell, wesentlich präziser umrissen und voll von Struktur ist. Ebenso erschließt das perfekte, große Newton völlig neue Planetenbilder, die bei sehr großen, perfekten Geräten und perfektem Seeing, wirklich nur an Voyager oder Space Telescope Aufnahmen erinnern. DeepSky mit Minimalvergrößerung? Ein weiterer, weit verbreiteter Irrglaube ist, daß Deep Sky Beobachtung generell bei niedriger Vergrößerung abläuft. Dies stimmt nur für einen Teilbereich, wenn es um größtmögliches Gesichtsfeld geht, ebenso für extrem lichtschwache, große Objekte, z.B. Galaxien der lokalen Gruppe. Es stimmt auch, daß mit größeren Teleskopen kleinere Vergrößerungen genügen, um das gleiche wie in kleineren Geräten zu sehen. Sowie die Objekte, viel öfter aber Details in den Objekten, im Grenzbereich der jeweiligen Öffnung liegen, ist hohe Vergrößerung angesagt. Ich kann nur dazu raten, dies auch bei bekannten Objekten immer wieder zu probieren. Wenn man mal für ein bekanntes Objekt sehr hohe Vergrößerung wählt und sehr gutes Seeing erwischt, kommen immer wieder völlig neue Details heraus. Man erschließt sich damit eine für die Astronomie positive Wahrnehmungs-Schere, die jeder Astronom kennenlernt, wenn bei höherer Vergrößerung der Himmelshintergrund dunkler wird. Diese subjektiv richtige Wahrnehmung hat folgende Ursache: Mit zunehmender Vergrößerung sinkt die Flächenhelligkeit linear, für Objekt und Himmel gleichermaßen, d.h. der Himmel wird relativ zum Objekt nicht dunkler. Mit zunehmender Fläche eines Objektes oder Details nimmt aber die Wahrnehmungsfähigkeit des Auges expotentiell zu. Der Himmelshintergrund und das Objekt werden also linear gleichermaßen dunkler, nur kann das Auge ein größeres Objekt wesentlich besser wahrnehmen; hierdurch wird der Kontrast wesentlich stärker wahrgenommen, was den Eindruck ergibt, der Himmel sei dunkler. Auch Details innerhalb des Objektes können durch entsprechende Größe sichtbar gemacht werden, auch wenn die Kontrastunterschiede nur minimal sind.