Bildstabilisierte Ferngläser

Bereits 10-fache Vergrößerung gehört eigentlich auf ein Stativ; freihändig verliert man rund die halbe Wahrnehmung. Bei den bildstabilisierten Ferngläsern sorgt eine interne Mechanik oder Elektronik dafür, dass das Zittern der Hand oder Bewegungen durch die Optik ausgeglichen wird. Das Ergebnis ist im Idealfall ein ruhiges Bild, als ob man ein Stativ benutzen würde.

Je nach Hersteller gibt es verschiedene technische Realisationen, um eine Bildstabilisierung zu erreichen. Fujinon verwendet z.B. Beschleunigungsnsoren, die Ihre Informationen an Stellgliedern weitergeben. Bei Canon sind es in einer Flüssigkeit gelagerte Prismen und bei Zeiss ist es reine Mechanik, die über Federn gedämpft wird. Im professionelen Bereich bei Militär, Polizei und Überwachung kommen Kreiselsysteme zum Einsatz, die zwar grundsätzlich noch besser funktionieren können, aber für den Hobby-Astronom im Normalfall zu groß, zu schwer und zu teuer sind.

Fujinon

Fujinon TechnoStabi ST-X 14x40
Fujinon TechnoStabi ST-X 14x40

Das Fujinon Techno-Stabi 14x40 bietet 14-fache Vergrößerung ohne jeden Wahrnehmungsverlust. Der Bildstabilisator sorgt unter fast allen Umständen für ein ruhiges Bild. Nicht nur Muskelzittern gleicht der Stabilisator aus, auch starke Stöße werden vollständig egalisiert. Selbst wenn man im Schnellboot über den See brettert bietet das Techno-Stabi ein ruhiges Bild. Im Vergleich zu einem freihändigen, nicht stabilisierten Fernglas mit 10-facher Vergrößerung bietet das Techno-Stabi die 4-fache Detailwahrnehmung. Durch das ruhige Bild sind schwächere Sterne als mit normalen Gläsern gleicher Öffnung sichtbar. Der Gewinn beträgt mehr als eine Größenklasse; die Grenzgröße liegt jenseits 10mag. Grenzgröße und Detailwahrnehmung werden vor allem durch die relativ hohe Vergrößerung erreicht.

Ungezwungene freihändige Himmelsbeobachtung mit hoher Detailwahrnehmung Der Ringnebel M57 ist nicht mehr ein schwacher Stern zwischen anderen Sternen, sondern als kleine Nebelscheibe deutlich sichtbar. Ähnlich ist es bei vielen schwächeren Messier-Galaxien, die freihändig nur mit einer Sternkarte identifiziert werden können. Mit dem Techno Stabi sind die Galaxien im Virgohaufen von Sternen unterscheidbar – auch am Limit der Wahrnehmung. Viele kleine und schwache Wölkchen in der Milchstraße zeigen im Techno Stabi Einzelsterne und erweisen sich als offene Sternhaufen. Bei guten Bedingungen ist sogar der Begleiter von M51 zu sehen. All dies mit „nur“ 40 mm Öffnung und freihändig.

Das Techno Stabi 14x40 bietet die neueste Generation der Stabilisierung und repräsentiert den Stand der Technik. Mit einem aufwendigen System werden Verkippungen bis +- 3 Grad ausgeglichen. Das Resultat ist ein ruhiges Bild in praktisch jeder Situation. Nicht nur hochfrequentes Muskelzittern wird komplett eliminiert, sondern auch längerperiodische Schwingungen und harte Stöße,
wie sie beim Beobachten von fahrenden Fahrzeugen und Booten aus auftreten. Auch bei  Zenitbeobachtung ist das Bild immer ruhig und absolut frei von Regelunschärfen. So ist das Techno Stabi nachts und auch tagsüber in der freihändigen Detailwahrnehmung unübertroffen. Die Stabilisierung wird per Knopfdruck ein- und ausgeschaltet; man kann bei eingeschalteter Stabilisierung bequem beide Augen nacheinander scharfstellen. Wird das Fernglas nicht bewegt, schaltet sich die Stabilisierung nach einer Minute aus. Ein Satz Akkus oder Batterien hält zwei bis drei Stunden. Das Techno Stabi ist mit Stickstoff gefüllt und druckwasserdicht. Die Hartvergütung sorgt für ein Maximum an Transmission und Kontrast, die Linsen sind problemlos zu reinigen. Der Bereich absoluter Schärfe geht fast bis zum Rand des Gesichtsfeldes. Der Einblick ist angenehm, das 56 Grad große Feld ist auch mit Brille voll überschaubar. Gewicht ca. 1300 Gramm.

Die enorme Stabilisierung des 14x40 gleicht selbst Auslenkungen von +-3 Grad aus. Der Stabilisator kann nicht zwischen einem harten Stoß oder einem gewollten Richtungswechsel unterscheiden. Bei Richtungswechseln mit eingeschaltetem Stabilisator hält dieser zunächst das Bild fest, als ob es an einem Gummiband hängt. Zur Beobachtung fliegender Vögel ist das 14x40 deshalb weniger geeignet.

Fujinon Techno-Stabi 12x32 (nicht mehr erhältlich)

Technostabi 12x32 (nicht mehr erhältlich)

Das Fujinon Techno Stabi 12x32 hat eine Stabilisierungswinkel von 3° und reagiert sofort auf Richtungswechsel. Es ist deshalb für die Ornithologie bestens geeignet. Das 5° Grad große Gesichtsfeld und der äußerst angenehme Einblick sind weitere Pluspunkte für dieses Fernglas, das durch sein niedrigeres Gewicht von 1070 g auch für längere Wanderungen geeignet ist. Die Stabilisierung ist nicht so brutal wie beim 14x40, sie gleicht dennoch deutlich mehr als heftiges Muskelzittern aus; man kann auch vom fahrenden Auto oder Boot aus beobachten. Die robuste, druckwasserdichte Bauweise macht das 12x32 zum idealen Begleiter im Outdoor-Einsatz. 12-fach kann man kurzfristig, bei deutlichem Wahrnehmungsverlust, auch mal ohne Strom und Stabilisierung nutzen. Wer sich für das 12x32 entscheidet hat die Wahl zwischen einem schicken silbernen Modell, oder unauffälligem schwarz.

Fujinon TechnoStabi 12x28
Fujinon TechnoStabi 12x28

Bildstabilisierung für kleine Ferngläser und unter 500 Gramm, das bieten die kleinen TechnoStabis von Fujinon. Die Stabilisierungsleistung entspricht den der großen Brüder, nur in kompakter Form. Erhältlich mit 12-facher oder 16-facher Vergrößerung. Diese Ferngläser sind aber den rauhen Bedingungen auf See nicht gewachsen. Regen und Spritzwasser können sie  gut ab, aber Druckwasserdicht sind sie nicht.

Canon

Canon 18x50 und 15x50

Canon 18x50 IS bildstabilisiert
Canon 18x50 IS bildstabilisiert

Das Canon 18x50 bietet das Maximum an freihändiger Detailwahrnehmung: das 6-fache eines freihändigen, unstabilisierten 10x50! Das 18x50 wird damit zur mobilen Sternwarte; ich finde es z.B. auch zur Beobachtung einer Mondfinsternis ideal. Voraussetzung ist, daß man eine relativ ruhige Hand hat. Die Stabilisierung von Canon gleicht nur leichtes Muskelzittern aus. Ich glaube, ab einer gewissen „Unruhe“ schaukelt sich die Stabilisierung mit der Zitterfrequenz des Beobachters auf, und es kommt dadurch zu mehr oder weniger langen Phasen der Unschärfe. Ich komme mit dem 18x50 gut zurecht, je nach Tagesform habe ich 10 Sekunden scharf, 1 Sekunden unscharf, manchmal etwas länger oder kürzer. Für ungeübte Beobachter wird mit einer derart hohen Vergrößerung das Finden der Objekte etwas problematisch. Mit dem Canon 15x50 sind die Anforderungen an den Beobachter etwas kleiner, allerdings hat man dann auch 1/3 weniger Detailwahrnehmung. Ich würde es deshalb für die Astronomie immer zuerst mit dem 18-fach probieren. Beide bildstabiliserten

50 mm Ferngläser von Canon haben eine ganz ausgezeichnete optische Qualität. Der Einblick ist hervorragend, das Gesichtsfeld sehr groß, es macht rundum Freude mit diesen Ferngläsern zu beobachten.

Canon 10x30

Mit dem 10x30is bietet Canon das kleinste, leichteste und preisgünstigste stabilisierte Fernglas unter den hier genannten, das dennoch eine enorme Wahrnehmung bringt. Mit 640 Gramm ist es ideal für längere Spaziergänge, das 6 Grad große Gesichtsfels erleichtert das Verfolgen eines fliegenden Vogels. 10-fach kann man – mit Einschränkungen – batteriesparend ohne Stabilisierungnutzen; und wenn's um die Wurst geht, schaltet man die Stabilisierung dazu.

Canon 10x42

Canon 10x42 is bildstabilisiertes Fernglas
Canon 10x42 is bildstabilisiertes Fernglas

Das Canon 10x42iS ist bietet eine perfekte optische Qualität, die mit den Spitzenprodukten von Zeiss, Leica und Swarovski mithält. Bis zum Rand des 65° großen Gesichtsfeldes ist die Abbildungsleistung makellos, Farbfehler sind praktisch nicht vorhanden und nur unter extremen Bedingungen sichtbar. Sehr aufschlußreich ist bei Beobachtungen mit diesem Fernglas der Unterschied zwischen stabilisiert und nicht-stabilisiert, hier kommt wirklich klar zum Vorschein, daß 10fache Vergrößerung eigentlich auf ein Stativ gehört und man bei freihändiger Beobachtung deutliche Wahrnehmungsverluste hat. Es sei denn ein Bildstabilisator ersetzt das Stativ. Das Canon 10x42iS ist druckwasserdicht. Alle anderen Canon sind spritzwassergeschützt, und sollten weder gebadet noch herumgeworfen werden. Die Akkus reichen für rund 2 Stunden durchgehendes Beobachten, in klirrender Kälte deutlich weniger. Bei Canon bietet der Taster für die Stabilisierung eine doppelte Funktion: Man tippt ihn

kurz an, um die Stabiliserung dauerhaft einzuschalten, und schaltet durch ein weiteres Antippen wieder aus; oder man drückt die Taste und hält sie so lange gedrückt, wie man stabilisiert haben will, beim Loslassen des Tasters ist wieder aus. Alle vorgenannten Ferngläser stabilisieren auf die gleiche Art und Weise. Während Objektiv und Okular feststehen, sorgt eine Zwischenoptik für die Bildstabilisierung. Hierbei wird die Bewegung durch einen Sensor erfaßt und blitzschnell, schneller als es das Auge erfassen kann, eine Zwischenoptik so
verstellt, daß das Bild für den Beobachter stehen bleibt. Für den Betrieb sind Mignon-Batterien oder Akkus nötig. Während das von Canon entwickelte System klein und kompakt baut und nur leichtes Muskelzittern ausgleicht, ist die von Fujinon konstruierte Lösung deutlich voluminöser, gleicht aber
auch stärkstes Zittern und harte Schläge aus. So ist die Fernglasbeobachtung auch von fahrenden Booten oder Geländewagen aus möglich.

Zeiss und Stabiscope

Weiterhin gibt noch zwei Ferngläser mit Stabilisierung in unserem Angebot, beide allerdings zum Preis eines Kleinwagens:

Das Fujinon Stabiscope bietet eine militärtaugliche Stabilisierung und Robustheit. Man kann es in's Eck werfen, auf einem Panzermotor legen oder 5 Meter tief im Wasser lagern, und danach wieder von einem durch's Gelände rasenden Panzer aus in die Ferne sehen. Preis, Gewicht und Stromverbrauch
sprechen nicht unbedingt für den Einsatz beim Normalverbraucher.

Das stabilisierte Zeiss 20x60 ist eine Spitzenleistung deutscher Ingenieurskunst; als einziges stabilisiertes Fernglas funktioniert es voll mechanisch. Eine filigrane Mechanik kompensiert leichtes Muskelzittern. Die Stabilisierung erreicht bei weitem nicht das Niveau der elektrisch betriebenen Geräte. Andererseits ist es beeindruckend, wenn man bei der Sternbeobachtung mit diesem Fernglas die Stabilisierungstaste drückt, und aus einem Blitzgewitter wild umherzitternder Sterne schlagartig ein ruhiges, detailreiches Bild mit viel mehr feinen Sternen wird. Das 20x60 hat mit 275 mm Länge und 1,7 kg Gewicht erheblich Masse und Volumen. Neben einem gut gefüllten Geldbeutel braucht man eine sehr ruhige Hand, um mit diesem Fernglas Spaß zu haben.

Und zum Schluß noch der Hinweis, daß man zum Preis eines Bildstabiliserten fürs gleiche Geld mehr Wahrnehmung mit einem normalen Fernglas inclusive Stativ bekommt.